Ihre Kompositionen beruhen auf „geometrisch basierten Systemen“, die Gaby Terhuven zunächst zeichnerisch entwickelt. Die Risse sind genaue „Strukturpläne“ zur Übertragung der Formen in Ölfarbe auf beide Seiten zweier Glasscheiben.
Diese werden schließlich gemeinsam, mit einem definierten Abstand voneinander und von der Wand, parallel gehangen.
Das Weiten und Verdichten, Auseinanderstreben und Zusammenkommen – im Verhältnis von Linie und Fläche wie auch im Verhältnis von Malschicht und Zwischenraum – bewirkt ein Pulsieren, das den klaren Formen gegenübersteht. Die Konsequenz für die Betrachtenden ist die Unmöglichkeit des festen, begreifenden Zugriffs trotz des rationalen Aufbaus zugunsten der Erfahrung mannigfaltiger Ansichten und einer unbeschreiblichen Aura. Dieses Paradoxon verbindet sich mit weiteren, die Gaby Terhuvens Malereien eigen sind, dazu gehört vor allem das „Oszillieren zwischen purer Materialität und ephemerer Auflösung in Licht“, zwischen Stabilität und Veränderlichkeit, Robustheit und Fragilität, Deutlichkeit und Zartheit, (In-sich-)Geschlossenheit und Offenheit.
Gerade indem sie durchaus mit Mitteln und Grundsätzen der konstruktiven Kunst arbeitet, zeigt Gaby Terhuven die Grenzen der damit assoziierten Rationalität und Nachvollziehbarkeit und den spezifischen Wahrheitsgehalt der Malerei auf, der eng mit der besonderen Energie der Farbe, dem Licht und der subjektiven Wahrnehmung zusammenhängt.
Auszug aus dem Katalog „Parallelansichten“ Juliane Rogge